Natürlich hier.

Stiftungsland Nordoe

Nach Abzug der Panzer und Soldaten stand es für Flora und Fauna in Nordoe zu nächst nicht mehr so gut. Das Gebiet wuchs einfach zu, wertvolle Lebensräume, auch die des Goldenen Scheckenfalters, verschwanden. Seit der ehemalige Übungsplatz im Besitz der Stiftung Naturschutz ist, geht es für Pflanzen und Tiere steil bergauf. Goldener Scheckenfalter und Heidelibellen, Knoblauch- und Kreuzkröte, Zauneidechsen, Teufelsabbiss und Arnika haben sich hier neben viele anderen Kostbarkeiten neue Lebensräume erobert. Heute bietet diese Multifunktionsfläche in Sachen Naturschutz einen Mix aus offenen Sand-Pionierfluren, kiefernbewachsenen Binnendünen, Grasfluren, verheideten Binnendünen, feuchten Zwergstrauchheiden und krattartigen Eichenwälder.

Die Nordoer Heide gehört zu den schönsten Stiftungsgebieten – eine Perle in jeder Hinsicht, denn hier liegt eine der letzten intakten großen Binnendünen Schleswig-Holsteins. Die Nutzung als militärisches Übungsgelände (1890-2007) hat diese einzigartige Landschaft vor den Folgen intensiver Landwirtschaft, Entwässerung, Düngung und Aufforstung bewahrt. Mehr als 25 Kilometer Wanderwege warten auf Sie.

Vogelwelt, die sich blicken lassen kann

Von der eingekehrten Ruhe hat natürlich auch die Vogelwelt profitiert. Besonders Heidelerche, Neuntöter, Schwarz- und Grünspecht werden durch das neue Gebietsmanagement der Stiftung Naturschutz in ihrem Bestand gefördert. Regelmäßig sind mittlerweile 66 Brutvogelarten anzutreffen. Auf den ausgedehnten Heideflächen siedeln vor allem Baumpieper, Dorngrasmücke und Goldammer. In den Nadelholz- und Mischwaldbeständen sind Waldschnepfe, Waldohreule, Waldkauz  und hohe Dichten der Tannenmeise anzutreffen. Pirol und Waldlaubsänger wurden bisher nur vereinzelt in den Laubwäldern gesichtet. Die Ornithologen gehen davon aus, dass gerade die westlich an das Gebiet angrenzenden Kiesteiche als Nahrungshabitate für Fisch- und Seeadler geeignet sind.

Scheckenfalter liebt es artenreich und blütenbunt

Der Goldene Scheckenfalter ist zurück! In fünf Gebieten in Schleswig-Holstein hat die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein den seit mehr als 30 Jahren nicht mehr gesichteten Schmetterling erfolgreich wiederangesiedelt. Schon 2014 wurden die ersten Falter und Raupen in Nordoe ausgesetzt. Seitdem flattern die wunderschön hell-dunkel-orange gezeichneten Tiere jedes Frühjahr von Mitte Mai - Mitte Juni durch die Heide. Am liebsten saugen sie dann Nektar an blühender Arnika , die ebenfalls von der Stiftung Naturschutz durch Saat und Pflanzung im Bestand wiederaufgebaut wurden.  

In dem Wiederansiedlungsprojekt hat die Stiftung Naturschutz festgestellt, dass viele andere, seltene Arten von den Maßnahmen der vergangenen Jahre profitieren. Die Ziegenbeweidung, die Einrichtung neuer Weideflächen, Offenbodenstellen und die Entfernung von Gehölzen haben Hundsveilchen, Teufelsabbiss und Co. geholfen. Es zeigte sich, dass der Goldene Scheckenfalter eine gut gewählte „Schirmart“ ist: Geht es ihm gut, können auch viele andere seltene Tiere und Pflanzen in dem gleichen Lebensraum leben.

Kleingewässer sorgen für Artenvielfalt

Die Stiftung Naturschutz hat viele neue Lebensräume für europaweit gefährdete Arten, wie Knoblauch- und Kreuzkröte, Zauneidechse und zahlreiche Libellen, geschaffen. Neue Teiche wurden angelegt, bestehende Laichgewässer optimiert und zahlreiche Entwässerungsgräben verschlossen.

Die Knoblauchkröte liebt sandige Böden zum Eingraben zwar ebenso wie die Kreuzkröte , sie konnte sich aber in den letzten Jahren kaum vermehren, da ihre bis handflächengroße Kaulquappen tiefere, vegetationsreiche Teiche benötigen. Zu Unterstützung wurde der Laich der seltenen Amphibien zum Teil eingesammelt und die daraus gezüchteten kleinen Kröten ausgesetzt, um die schwache Population zu stabilisieren.
In den bereits aufgelichteten Waldbereichen wurden Baumstubben entfernt und so aufgeschichtet, dass perfekte Verstecke und Winter-Quartiere für Eidechsen und Amphibien entstehen.

Zauneidechsen in der Dünenlandschaft

Auch für die Zauneidechsen ging es in der Nordoer Heide bergauf. Die Stiftung Naturschutz setzte 2019 zum dritten Mal gezüchtete Jungeidechsen aus. Hier sollen die Mini-Drachen eine neue, überlebensfähige Population gründen. Für die Wiederbesiedelung wurden in zwei getrennten Gebieten Zauneidechsen eingefangen, die unter kontrollierten Bedingungen in einer Aufzuchtstation der Gesellschaft für Freilandökologie und Naturschutzplanung (GFN) gehalten wurden.

Zuvor haben die Vielfaltschützer die Lebensräume des Reptils des Jahres 2020 optimiert: Rohbodenstellen als Eiablageplatz geschaffen, unerwünschter Bewuchs entfernt und Steinhaufen aufgeschichtet. Hier sonnen sich die Echsen, um auf „Betriebstemperatur“ für den Tag zu kommen. Die fast schon urzeitlich anmutenden Mini-Dinosaurier gehören mit einer Länge von 20 bis 25 Zentimetern zu den größten Eidechsenarten Schleswig-Holsteins. Beide Geschlechter sind durch eine braune Grundfarbe gekennzeichnet. Besonders die Männchen entwickeln einen auffallend leuchtenden Grünton in der Paarungszeit.

Die Bestände der Zauneidechse in Schleswig-Holstein sind stark rückläufig, deshalb siedelt die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein junge, von Hand aufgezogene, Zauneidechsen im Stiftungsland wieder an.

Auf dem Weg zum Naturwald

Ein Teil der Nordoer Heide wurde vor Jahren mit nicht heimischen Gehölzen aufgeforstet. Alte, artenreiche und lichte Eichenwälder, wie sie ehemals typisch waren, sind nur noch vereinzelt erhalten. Die Stiftung Naturschutz ist deshalb dabei, in regelmäßigen Abständen die Waldbestände aus Fichte und Kiefer sowie Pappel und Eiche auszulichten. Damit wird Platz geschaffen für Arten der lichten Heidewälder, wie Heidelbeere, Besen- und Glockenheide. Wertvolle Bäume, wie alte knorrige, höhlenreiche Eichen und Kiefern, werden freigestellt und leisten ebenfalls einen wichtigen Beitrag, die hohe Attraktivität des Schutzgebietes zu gewährleisten.

Bei den Weidetieren wird auch mal gemeckert

Damit die Binnendüne nicht zuwuchert, grasen Galloways und Highland Cattle, Exmoor -Ponys, Burenziegen sowie hin und wieder Owamboziegen auf den Wilden Weiden  – die Rinder und Pferde das ganze Jahr über. Gerade die Froschlurche freuen sich über den Appetit der Ökorasenmäher auf Grünzeug. Denn sie halten den Bewuchs an den Ufern der Laichgewässer kurz, damit sie sich im Frühjahr rasch erwärmen. Das lockt auch wasserliebende Insekten – unter ihnen die Große Moosjungfer – an, die hier ihre Bahnen ziehen. Die meckernden Burenziegen  verhindern, dass die Offenlandflächen in den Heidegebieten und lichtliebenden Pflanzen nicht mit Brombeeren und Traubenkirschen zu wachsen. Davon profitiert der Goldenen Scheckenfalter und zahlreiche andere Insekten. Das Zusammenspiel aller Weidetiere führt zur Ausbreitung seltener Arten, wie Waldläusekraut, Lungenenzian, Hundsveilchen, Kreuzblümchen, Arnika und Katzenpfötchen.

Dünenlandschaft ohne Meer – wie geht das denn?

Nach dem Ende der letzten Eiszeit kam es vor 5.500 Jahren zu einem deutlichen Anstieg des Meeresspiegels. Infolge dessen konnte das Meer über die Urstromtäler von Elbe und Stör in das Landesinnere eindringen und aus einer Aufwölbung in der Landschaft wurde eine Meeresinsel. An deren Stränden wurden im Laufe der Zeit hohe Stranddünen aufgeweht, die nach dem Rückzug des Meeres als Binnendünen erhalten blieben.

Ein Blick in die Vergangenheit

Die ortsansässigen Bauern nutzten ab dem 16. Jahrhundert die Heide- und Waldflächen gemeinschaftlich als Allmende und zur Holzgewinnung. Durch die intensive Nutzung verschwand der Wald über die Jahrhunderte weitestgehend – es entwickelte sich großflächig Heiden. Diese wurden weiter von den umliegenden Bauernhöfen als Einstreu in den Ställen genutzt und so erhalten. Ende des 19. Jahrhunderts wurde in der Nordoer Heide ein Truppenübungsplatz für Infanterie und Panzer eingerichtet, der bis ins Jahr 2007 bestehen blieb.

Der ökologische Wert der Flächen war der Stiftung Naturschutz schon seit langem bewusst. 2008 wurde ein Teil des Geländes angepachtet. 2016 bekam die Stiftung dann den ehemaligen Standortübungsplatz von der Bundesrepublik im Rahmen des Nationalen Naturerbes übertragen.

Wandern: Vorbei an Wildpferden, Ziegen und Rindern

"Nordoer Heide" (9 km): Großer Rundweg, der alle Lebensräume miteinander verbindet und so Naturbeobachtungen an mehreren Stationen ermöglicht. Geeignet für einen Tagesausflug mit Picknick. Die vier kleinen Wanderwege sind über einen markanten „Knotenpunkt“, nördlich der Triangel-Weide, miteinander verbunden, der einen weiten Rundblick in die vielfältigen Lebensräume ermöglicht.

"Waldroute" (4 km): Lichte und mit Heidenflächen durchsetzte Laubwälder (Eiche) im nördlichen Bereich. Startpunkt ist der P+R-Platz nördlich der ehemaligen Freiherr-von-Fritsch-Kaserne.

"Dünenroute" (3,5 km): Vielseitiger Lebensraum mit halboffenen Heidelandschaften und offenen Sandflächen. Im Sommer lassen sich entlang des Weges die Robustrinder und -pferde auf den verschiedenen Weiden gut beobachten. Startpunkt ist der Krebsweg der Gemeinde Dägeling.

"Seenroute" (5 km): Entlang mehrerer Teiche, die eingebettet in Wald- und Heideflächen liegen und zum Angeln oder Baden genutzt werden können ("Deckmannsche Kuhlen"). Startpunkt ist der P+R-Platz am Bahnhof Kremperheide sowie der Parkstreifen am Sportplatz Kremperheide.

"Heideroute" (3,5 km): Weite halboffene Heideflächen mit offenen Sandflächen. Startpunkt ist die ehemalige nördliche Truppenübungsplatz-Zufahrt am Lehmsweg.